Der Ursprung
Grundlage und Maßstab kirchlichen Handelns ist Jesus Christus. Die Kirche als Ganzes und jede einzelne christliche Gemeinde lebt von dem Auftrag, das fortzuführen und in die heutige Zeit umzusetzen, was Jesus getan hat.
Die Grundaufträge
Von den Worten und Taten des Herrn werden theologisch vier Grundaufträge abgeleitet. Diese gehören zum Fundament jeder christlichen Gemeinde.
> Verkündigung
> Liturgie
> Nächstendienst
> Gemeinschaft
1. Grundauftrag „Verkündigungsdienst“ (Glaubenszeugnis)
Merkmale:
Verkündigung ist auf gelingendes Leben der Menschen ausgerichtet:
Es geht bei jeder Form der Verkündigung um den Menschen und darum, dass sein Leben gelingt. Menschwerdung durch Christwerdung ist angesagt.
Verkündigung ist Hinführung zum Glauben: Jede Verkündigung bringt Menschen in Kontakt mit Religion und christlichem Glauben, führt sie in einen Prozess der religiösen, der christlichen und letztlich auch der kirchlichen Einbindung. Verkündigung lädt ein, am Glauben und am Leben der Kirche teilzunehmen. Dabei geht es angesichts der heutigen Situation von Glaube und Kirche weithin darum, Menschen in einen ersten bewussten Kontakt zum Glauben zu bringen: Verkündigung heute ist weithin Verkündigung an nichtglaubende Getaufte und oft genug Evangelisation im Sinn von Erstverkündigung.
Verkündigung ist Weiterführung und Vertiefung des Glaubens: Christlicher Glaube ist nie fertiger „Besitz“, sondern vollzieht sich immer als prozesshaftes Geschehen, ist Glaube auf dem Weg. Deshalb braucht der Glaube jedes Menschen auch neue Impulse, muss entsprechend neuen Lebenssituationen neu vollzogen werden. Ein ständiges, lebenslanges Lernen von Glauben ist nötig. Verkündigung in der Gemeinde kann in verschiedenen Feldern erfolgen:
> Bibelarbeit
> Einzelseelsorge
> Begleitung von Gemeindegruppen und Kontakt zu außergemeindlichen Gruppen
> Erwachsenenbildung/KBW/Gemeindekatechese
> Schulischer Religionsunterricht
> Öffentlichkeitsarbeit/Medien (Pfarrblatt, Internet, Homepage, Bücherei ...)
> Wohnviertelapostolat und Neuzugezogene
> Mission/Weltkirche ...
2. Grundauftrag „Liturgie“ (Gottesdienst)
Merkmale:
Gottesdienst ist Geschenk Gottes an den Menschen: Wenn über Gottesdienste gesprochen wird, denkt man zumeist an ein Handeln von Menschen, an ihr Singen und Beten, an die Gemeinschaft Glaubender. So richtig das alles ist, so sehr muss betont werden, dass jeder Gottesdienst zuerst ein Geschenk Gottes an den Menschen darstellt. Gott kommt also auf den Menschen zu, richtet sein Wort an ihn, ist ihm nahe.
Gottesdienst ist Antwort des Menschen auf das Wort Gottes: Im Gottesdienst gibt der Mensch Antwort auf die Heilstaten Gottes und auf die Erfahrung seiner Nähe. Menschen feiern den menschenfreundlichen Gott, sie feiern Jesus, seinen Christus, sie feiern seinen lebenschaffenden Geist.
Gottesdienst verbindet Menschen untereinander zu einer Gemeinschaft: Persönliches Beten des einzelnen Christen darf nicht gegen das gemeinsame Gebet und die gemeinsame Feier des Gottesdienstes ausgespielt werden. Christlicher Glaube ist auf Gemeinschaft mit anderen angewiesen, deshalb hat jeder Gottesdienst immer eine Ausrichtung auf die gesamte Kirche.
Gottesdienst verbindet die Botschaft des Glaubens mit dem Leben von Menschen heute: In jedem Gottesdienst muss es um eine Ausgewogenheit zwischen zwei Polen gehen. Zum einen muss die Botschaft des Glaubens, das Bekenntnis zum menschenfreundlichen Gott und zu Tod und Auferstehung Jesu im Mittelpunkt stehen. Zum anderen aber muss das Leben von Menschen heute in seinen vielfältigen Formen in den Gottesdienst einfließen. Glauben und Leben müssen miteinander verbunden werden, damit der Gottesdienst für Menschen heute relevant wird. Diese Verbindung stellt eine schwierige Aufgabe dar, jede Liturgie steht in der Gefahr der Erstarrung und der Lebensferne.
Konkret bedeutet dies für unsere Pfarrgemeinden:
> Eucharistiefeier am Sonntag (und Sonntagvorabend) als Grundform gemeindlicher Liturgie
> die werktägliche Eucharistiefeier der Gemeinde
> Liturgiereferent
> Lektorendienst
> Wortgottesdienste und Andachten
> Organisten/innen und Chorleiter/innen
> Mesner/innen
> Prozessionen und Wallfahrten ...
3. Grundauftrag „Dienst am Nächsten“ (Glaubenstat)
Merkmale:
Gott befreit die Menschen aus der Not. Im Bekenntnis zu dem Gott, der das Rufen der Unterdrückten hört und dessen besondere Sorge den Armen gilt, muss auch die besondere Sorge der Christen den Armen und Unterdrückten gelten.
In der Praxis Jesu stehen die drei Schritte Begegnung, Annahme, Heilung im Vordergrund. Heilung ist dabei nicht unbedingt als wunderbares Geschehen zu deuten, sondern als aufhelfendes und Not wendendes Handeln, das dem Betreffenden neue Lebenschancen verschafft.
Genau darum muss es jedem Christen und jeder Gemeinde gehen.
Es geht zum einen um individuelle Hilfe: Der, der unter die Räuber gefallen ist, muss verbunden und aus seiner Notlage befreit werden. Es geht aber zum anderen auch um strukturelle Hilfe, die die Situationen, in denen Menschen unter die Räuber fallen, verändern. Der Protest gegen die Ausbeutung von Menschen durch Menschen gehört also ebenso zum Bereich der Diakonie (auch der Diakonie in einer Gemeinde) wie die konkrete Hilfe für einen konkreten Menschen in Not.
Der Mensch ist ein ganzheitliches Wesen: Körper, Geist, Seele – gleich wie man diese Aufteilung im einzelnen definieren will – gehören zusammen. Not betrifft deshalb auch immer den ganzen Menschen und beeinträchtigt ihn umfassend. Christlicher Nächstendienst muss deshalb auf das Heilwerden des ganzen Menschen zielen. „Seelsorge“ und „Körpersorge“ gehören untrennbar zusammen als Sorge für den ganzen Menschen. Der Dienst am Nächsten kann in einer Gemeinde in vielfältiger Form verwirklicht werden. In der Regel kommt dabei die strukturelle Diakonie, die Veränderung der Bedingungen für das Entstehen von Not und Armut, der Versuch, die Lebenschancen auszugleichen, zu kurz.
> Pfarrcaritas
> Solidarität mit dem einzelnen Menschen
> Wenden seelischer Not
> Hilfe für Kranke und Behinderte
> Hilfe für Kinder und Jugendliche
> Hilfe für alte Menschen
> Hilfe für Randgruppen der Gesellschaft
> Gebetsdienst ...
4. Grundauftrag „Dienst an der Gemeinschaft“ (Glaubensgemeinschaft)
Merkmale:
Gemeinschaft einer Gruppe: Unterschiedliche Gemeindegruppen setzen sich unterschiedliche Ziele, immer aber sollte der Aspekt der Gemeinschaft untereinander berücksichtigt werden, das gilt auch für Pfarrgemeinderäte, pfarrliche Gruppen und apostolische Bewegungen, für die gemeinschaftsbildenden Maßnahmen (Kinder- und Jugendpastoral, Wohnviertelapostolat, Besuchsdienste, Betreuungsdienste, Pfarrfest, u.a.) sowie für die Förderung und Einbeziehung aller Talente und Charismen zum Aufbau der Pfarrgemeinde. Pfarre: Gemeinschaft von Gemeinschaften.
Gemeinschaft über die Gemeindegrenzen hinaus: Die Gemeinde darf sich nicht als Insel verstehen. Sie ist eingegliedert in die größere Gemeinschaft der Kirche. So sind die Beziehungen zu den Nachbargemeinden (auch zu einem Pfarrverband), zum Dekanat, zur Diözese wichtig.
Gemeinschaft der Weltkirche: Kirche, und damit auch jede Gemeinde, verwirklicht sich heute im „Welthorizont“. Eine Partnerschaft zwischen Gemeinden verschiedener Ortskirchen, ein intensiver Kontakt und Dialog zwischen den Christen verschiedener Kontinente und Völker sind unerlässlich.
Gemeinschaft als Ökumene der christlichen Kirchen: Besonders zu den Partnergemeinden anderer Konfessionen am Wohnort muss ein intensiver Kontakt gepflegt werden.
Gemeinschaft als Ökumene der Weltreligionen: Der Aspekt der Gemeinschaft schließt heute auch den Blick auf andere Religionen ein. Dabei geht es zum einen um die Menschen anderer Religionen, die bei uns wohnen, zum anderen um das bereichernde Gespräch mit anderen Religionsformen über die eigene Religion hinaus.
Der Aspekt der Gemeinschaft kann sich in einer Gemeinde in vielfältiger Weise realisieren:
> Gebetsgruppen
> Katholische Jungschar/Ministranten und Katholische Jugend
> Katholische Frauenbewegung und Katholische Männerbewegung
> Ehe & Familie
> Seniorenpastoral
> Umwelt
> Feste und Freizeit ...
GEBET
Herr Jesus Christus, du bist der Weg Gottes zu den Menschen
und unser Weg zum Vater.
Segne diese Zeit, in die du uns hineingestellt hast,
damit wir hier unseren Platz finden.
Mitzubauen an einer Kirche in der Welt von heute,
ist dein Auftrag an uns – dazu sind wir bereit.
Hilf uns, deinem Geist Raum zu geben, den Lebensraum Pfarrgemeinde
miteinander zu gestalten.
Lass uns Zeit und Raum haben füreinander,
die Sorgen und Ängste der Menschen ernst zu nehmen
und ihre Freuden und Hoffnungen zu teilen.
Herr, deine Liebe hat uns einander anvertraut.
Gib, dass aus unseren gemeinsamen Beratungen und Diensten
das herauswächst, was weiterwirkt in unserer Pfarre
und im Herzen eines jeden von uns.
Mache unsere Gemeinde zu einem Ort des Zuspruchs,
wo viele die Freude des Evangeliums leben
und Kirche offen für alle ist.